Ein Workshop für alle: Tagtool in Hürth

Ein Workshop für alle: Tagtool in Hürth

Im Bürgersaal des Familienbüros Mittendrin in Hürth fand in den beiden letzten Wochen ein Workshop statt, der künstlerische Kreativität und digitale Medien mit interkulturellem Austausch und Inklusion verband. Neun Jugendliche im Alter zwischen 13 und 18 Jahren versammelten sich an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen, um mithilfe der Tagtool-App auf iPads digitale Animationen zum Thema "Mittendrin" zu erstellen. Doch was diesen Workshop wirklich besonders machte, war die Vielfalt seiner Teilnehmer: Neben fünf Jugendlichen aus der Ukraine waren auch drei Jugendliche mit Handicap dabei.

Was ist Tagtool?

Tagtool ist eine App für das iPad, mit der man ganz leicht digitale Zeichnungen und Animationen erstellt. So richtig Spaß macht die Nutzung der App, wenn die Animationen direkt auf Wände und andere Oberflächen projiziert, oder auf einer Video-Wand gezeigt werden. Dabei können mehrere Benutzer mit ihrem iPad gemeinsam in einer Session arbeiten und ihre Kunstwerke und Botschaften in Echtzeit anpassen und verändern. Tagtool wurde speziell für Live-Performances und kollaborative Kunstprojekte entwickelt. Die App wird einfach und intuitiv mit den Fingern bedient und benötigt keinerlei Vorkenntnisse. Damit eignet sich Tagtool für alle Altersstufen über Sprachbarrieren hinweg, auch für Jugendliche mit Handicap. Hier geht es zum Blogbeitrag über Tagtool.

Durchführung und Finanzierung

Der Workshop wurde mit verschiedenen Kooperationspartnern geplant und durchgeführt. Beteiligt waren das Jugendamt der Stadt Hürth, der Verein Hilfe für Tschernobyl-geschädigte Kinder e.V., die diesem Verein angehörige Projektinitiative Rasom und die Landesarbeitsgemeinschaft Kunst und Medien NRW e.V.. Der Workshop wurde mit Fördergeldern aus dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW gefördert.

Das Thema "MITTENDRIN"

Das Familienbüro “Mittendrin” liegt in Hürth-Mitte und befindet sich in einem alten Pfarrsaal. Verschiedene Träger, Mitarbeiter des Familienbüros, Ehrenamtler und Honorarkräfte bieten hier Angebote für Kinder, Familien und Anwohner aus der Umgebung an, u.a. die Projektinitiative Rasom. Rasom bedeutet übrigens “gemeinsam”.


In Hürth leben viele geflüchtete ukrainische Jugendliche. In der Ukraine hat es einen hohen Stellenwert, wenn Kinder und Jugendliche sich künstlerisch ausdrücken oder kunsthandwerklich arbeiten. Viele der Jugendlichen zeichnen gerne und haben eine gute Vorbildung. Oft haben sie in ihrer Heimat schon in der Schule mit dem iPad gearbeitet, können sich hier aber keine teuren Geräte leisten. Die Arbeit mit Tagtool greift diese Interessen und Erfahrungen auf und fördert eine künstlerische Weiterentwicklung. Das Projekt ermöglicht den Jugendlichen digitale und kulturelle Teilhabe. Tagtoolen macht aber auch sehr viel Spaß und führt zu einem spielerischen und leichten Umgang mit digitalen Ausdrucksmöglichkeiten.


Unsere zweite Zielgruppe waren Jugendliche mit Handicap. In Hürth gibt es ein Internat, über das wir diese Jugendlichen erreichen wollten.


Im Vorfeld gab es mehrere Video-Konferenzen und als klar war, für wen wir diesen Workshop anbieten wollten, fehlten eigentlich nur noch Thema und Name. Plötzlich sagte Andrea Hein vom Verein für Tschernobyl-geschädigte Kinder: “Wenn wir uns im Familienbüro “Mittendrin” treffen, dann könnten wir das Projekt doch auch so nennen.” Alle nickten sofort. Manchmal ist es doch ganz einfach.

Anmeldung und Werbung

Meine Erfahrungen als Workshopleiterin zeigen mir, dass es nicht so einfach ist, Jugendliche für einen Workshop außerhalb der Schulzeit und Schulpflicht zu begeistern. Ich war froh und ein wenig gespannt, als mir Inna Maassen erklärte, die Initiative Rasom hätte einen WhatsApp-Verteiler mit über 300 Adressen. Andrea Hein gestaltete Plakat und Anmelde-Flyer, das Jugendamt machte die Pressearbeit und nahm die Anmeldungen an. Und tatsächlich: Wir hatten mehr Anmeldungen als Plätze. Das ist in der Altersklasse der 13-21-Jährigen ein Riesen-Erfolg. Als wir feststellten, dass wir mit fünf ukrainischen geflüchteten Jugendlichen und drei inklusiven Teilnehmenden genau unsere Zielgruppen erreicht hatten, war ich mehr als froh. Ich war beeindruckt.
Hier geht es zum Termin mit Plakat und Flyer.

17. Februar, der erste Workshoptag

Der Workshop begann mit einer Atmosphäre der Neugierde und Erwartung. Unter meiner Anleitung tauchten die Jugendlichen in die Funktionen der Tagtool-App ein und begannen, erste künstlerische Ideen zum Leben zu erwecken. Bald sammelten sie spontane Bilder und Gedanken zum Titel/Thema “MITTENDRIN” und begannen, gemeinsam in zwei Sessions mit Beamer zu arbeiten. Die Jugendlichen hatten den Bogen schnell raus und gestalteten ihre Animationen mit viel Spaß. Geradezu sensationell war die Versorgung: Inna Maassen hatte ein Buffet aufgebaut, das seinesgleichen suchte. Zum Abschluss gab es eine Fragerunde: Ja, es hatte allen gefallen, aber die Jugendlichen hatten auch klare Wünsche: mehr Pausen und Musik. Das sollte sich doch umsetzen lassen.


24. Februar, der zweite Workshoptag

Der zweite Workshoptag startete ein wenig holprig. Es hatte Missverständnisse bei den Uhrzeiten gegeben. Als endlich alle da waren, wurde auch schon eine Mittagspause eingelegt. Wieder einmal hatten Inna Maassen und ihre Initiative sich übertroffen, es gab Kartoffelsuppe mit Würstchen. Bei dieser wohligen Atmosphäre traf Besuch ein: Bildungsreferentin Fleur Vogel von der LAG Kunst und Medien NRW e.V. kam mit ihrem kleinen Sohn vorbei und blieb zwei Stunden, um sich einen Eindruck vom Projekt zu verschaffen. Als die Pause vorbei war und alle wieder mit Tagtoolen beschäftigt waren, zeigte sie sich überrascht: “Es ist so eine ruhige, konzentrierte Stimmung!”

Wenig später war die Ruhe vorbei: Es wurde für die Abschlusskundgebung geprobt und dazu musste erst mal die richtige Musik gefunden werden. Kein Problem für die Teilnehmenden, denn im Raum stand ein Klavier und sie konnten ihre eigene Musik vom Handy über eine große Bluetooth-Box abspielen. So langsam kamen wir ins Schwitzen. Für die Abschlusskundgebung mussten Strom, Beamer und Stative nach draußen verlegt werden.

24. Februar, Abschlusskundgebung

Es hat nicht alles so geklappt, wie es geplant war. Draußen war es dann doch zu hell und so mussten wir wieder zurück in den alten Pfarrsaal. Es dauerte länger als geplant, die iPads waren am Limit, hatten kaum noch Energie und stürzten dadurch immer wieder ab. Und dennoch: Am Ende präsentierten die Jugendlichen stolz ihre Werke. Von fröhlich-bunten Collagen bis hin zu eindringlichen Statements zeigten die Animationen, wie vielfältig die Jugendlichen die Ausdrucksmöglichkeiten mit Tagtool genutzt hatten. Insbesondere das Abschlussbild war ein beeindruckendes Zeugnis dafür, wie sehr sich die Jugendlichen Frieden und Gemeinschaft wünschen. Es war ein emotionaler Moment an diesem 2. Jahrestag der russischen Invasion für die jungen Ukrainer und ihre Familien, und ja, es flossen Tränen. Aber ich sah auch überall glückliche Gesichter und spürte die Verbindung, die wir in dieser kurzen Zeit geschaffen hatten. Zum Abschied wurde ich vielfach beschenkt und da musste auch ich heftig schlucken.

Fazit

Der Workshop mit Tagtool in Hürth war eine ganz besondere Gelegenheit für die Jugendlichen, ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen und gemeinsam kreative Werke zu schaffen. Zum Schluss wurden auch noch Telefonnummern zwischen den Teilenehmenden ausgetauscht und das freut mich immer besonders, zeigt es doch, wie ein solcher gemeinsamer Workshop verbindet. Für mich war es eine bereichernde Erfahrung, diese besondere Gruppe zu begleiten.

ÜBER Die AUTORIN

Autor

Andrea Rings

Andrea Rings ist Biologin, Jugend- und Sachbuch-Autorin und Workshopleiterin. Sie führt seit 2016 Workshops mit Kindern und Jugendlichen durch: Kreative Schreibwerkstätten, digitale Comic-Workshops mit dem iPad, Tagtool, Stop-Motion und andere iPad-Workshops. Sie hat Easy Comics gegründet, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus diesen Workshops weiterzugeben. Hier erfährst du mehr über Andrea Rings.

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